Unter den Rippen

„Hypochondrie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „unter den Rippen“. Ich muss schmunzeln, weil mir genau dort gerade ein stechender Schmerz präsentiert wird. Nur bei bestimmten Stellungen, versteht sich. Mein erster Gedanke ist irgend etwas tumoröses. Ich erinnere mich an die Geschichte von G., ein eingeheirateter Verwandter, Großcousin vielleit, der, nichts ahnend, in einem Wellness-Hotel plötzlich von starken Schmerzen unterhalb der Rippen überfallen wurde. Eine anschließende Untersuchung ergab Gallenkrebs, es folgte Koma und Tod.

Der Gedanke an diese und andere Geschichten, die ich im Laufe der letzten vierzig Jahre so angesammelt habe lässt mich am Befund meiner (geschätzten) Hausärztin zweifeln. Natürlich, sonst wäre ich ja kein Hypochonder. Man kann ihnen Bilder und Ergebnisse, Fakten und Zahlen schwarz auf weiß und bunt präsentieren.

Auf die kurz eintretende Erleichterung kommt wieder der zwanghafte Gedanke an den nahenden Tod.

Deutschland ist Weltmeister in Rückenschmerzen und Hypochondrismus. Beide rechnet man den somatoformen Erkrankungen  zu. Das sind alle sich körperlich äußernden (zumeist) Schmerzerkrankungen, die ansonsten befundlos sind. Keine Diagnose als eben diese: Somatoform. Neben den Bakterien und Viren, den Zufälligkeiten, die uns Treppen herunterstürzen und Unfälle verursachen lassen, findet die Medizin hier also einen weiteren Schuldigen, nämlich uns selbst, die sich aus irgendeinem (selbstverständlich tief liegenden, in der Kindheit vergrabenen) Grund nutzlose Schmerzen verursachen und damit von Arzt zu Arzt tingeln, pfundweise Tabletten schlucken, um sich abends vor dem Fernseher dann darüber aufzuregen, dass die Krankheitskosten explodieren.

Und vermutlich hat die Medizin Recht – das macht es nicht leichter.

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