Der Ego-Tunnel – Thomas Metzinger
Es ist für einen Wissenschaftler natürlich auch schwer, etwas anderes zu behaupten. Und so schreibt Metzinger über Experimente und Studien, Annahmen, teils naturwissenschaftlich, teils geisteswissenschaftlich philosophisch und kommt eben zu dem Schluss:
Unser Gehirn, selbst eingeschlossen in einen luftleeren Raum, abgeschnitten von der Außenwelt und angewiesen auf die Signale seiner fünf Sinne, präsentiert uns nahezu in Echtzeit eine Welt, die rein physikalisch gesehen nur aus Molekülen (Duft und Geschmack), Molekülbewegungen (Schallwellen) oder Frequenzen (Licht) bestehen. Diese werden interpretiert, verglichen und schließlich zu einer bewussten Erfahrung zusammengeführt. Hormone (also wieder Moleküle) bewirken in unserem Körper dann so etwas wie ein Gefühl, eine Emotion, zur Wahrnehmung. Und so schließt sich der Kreis aus Wahrnehmung, Interpretation und Wahrnehmung.
Das allerdings ist nicht die einzige Leistung, die unser Gehirn erbingt. Das Wichtigste an alledem ist, dass wir dazu die Illusion vorgegaukelt bekommen, dass wir nicht etwa Objekt sind (wie es jedes andere Ding in unserer Umwelt ist), sondern Subjekt. Wir sind der Beobachter und alles andere ist Beobachtetes.
Das Vertrackte an alledem ist zudem, dass uns diese Illusion allenfalls intellektuell bewusst ist, am Ende jedoch undurchschaubar für uns – Transparenz nennt man das in wissenschaftlichen Kreisen.
Und hier genau liegt das eigentlich Mysterium, um dass sich der ein oder andere Diskurs dreht: Gibt es da etwas, was wir selbst sind oder ist eben auch dieses Selbst, wie alles andere, ein Täuschung unseres Gehirns. Und: Wenn es diese Instanz gibt, die uns sagt, dass wir wir sind und die anderen eben die anderen, kann diese Instanz dann unseren physischen Tod überleben?
Dahinter liegt vermutlich die altbekannt Angst, irgendwann nicht mehr Mitglied dieser Erdengemeinschaft sein zu können, weil man eben tot ist.
Ich vermute mal, dass wir auch in der nächsten Zeit diese Frage nicht schlüssig beantworten können, weder mit noch ohne Studien oder großen Worten.Ich glaube aber, dass wir irgendwann auch dieser Frage näher kommen können, vielleicht dann, wenn die wissenschaftlichen Messeinrichtungen Anderes messen können als bisher und wir dieses Thema weniger pathetisch angehen als bisher.
Bis dahin – so verfahre ich zumindest – ist es doch auch schön, wenigesten ein großes Mysterium in unserem Leben zu haben, dass wir noch nicht seziert und verstanden haben, über das wir vermutlich noch lange nachdenken, philosophieren und forschen können und bei dem wir den Freiraum haben, es dank unseres Gehirns so repräsentieren zu können, wie es uns gefällt.
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