In der Blüte des Lebens – über Sinn und Unsinn
Soll es das gewesen sein? 40 (oder 50 oder 60) Jahre und kein bisschen Weise?
Man weiß mittlerweile, dass sich nach dem 50sten Lebensjahr die meisten Gehirnzellen zurückentwickeln, bis auf die höheren intellektuellen Gehirnzellen, die nicht nur nicht zurückgehen, sondern sich sogar im Alter noch mehren. Na, wenn das mal keine gute Botschaft ist. Vielleicht ist es der Schlüssel zur Altersweisheit?
Wie dem schlussendlich auch sei, nenne man es midlife-Crisis, Wechseljahre, Lebensmitte (was man ja erst am Schluss weiß) oder golden Age. Wir alle werden älter – und das ist auch gut so – zumindest tut man gut daran, es gut zu finden, da man es so oder so nicht ändern kann.
„Time runs“ möchte man in Neudeutsch sagen, „Die Zeit rinnt uns durch die Hände“. Die Zeit aber – viele behaupten ja, es sei eh nur ein Konstrukt unseres Gehirns (und haben vermutlich recht damit) – vergeht nicht wirklich, sondern die Dinge entwickeln sich, langsam und ruhig, so wie wir es wollen. Die Zeit macht keine Hektik und ist auch nicht langweilig. Es liegt an uns, was wir mit den Dingen, und auch der Zeit, tun. Zeit also, sie zu nutzen und sinnvolles zu tun.
„Sinnvoll“ – schon wieder so ein Wort. Sinn an sich ist auch nur ein Konstrukt. Was wir gestern sinnvoll fanden, hat heute seinen Sinn verloren und sieht morgens schon wieder anders aus. Kein Grund zur Reue. Selbst Joseph Fischer hat es geschafft, vom Steinewerfer zum Außenminister zu werden und unterrichtet heute an Universitäten. Auf die Frage, warum er damals Steine geworfen hat, antwortet er sinngemäß: „weil ich es damals für richtig hielt.“ Punkt. Hätte er gewusst, dass er viele Jahre später für das Amt des Außenministers zur Wahl stünde, hätte er es vielleicht gelassen – und wäre vielleicht nie Außenminister geworden.
So ist das eben mit dem Sinn. Im Grunde erschließt er sich uns immer nur durch ein Gefühl, dass das, was wir jetzt gerade tun, sinnvoll ist. Aus ihm ein Kalkül machen zu wollen, ist immer zum Scheitern verurteilt und macht uns grimmig und alt, weil wir uns das verwehren, was wir später vielleicht als „sinnlos“ bezeichnen werden, vielleicht aber auch nicht.
„Was schert mich mein Geschwätz von gestern“, hat Adenauer bereits zum Besten gegeben. Und Recht hat er. Das hat ihn am Ende zu einem authentischen Menschen gemacht. Er hätte sagen können: „Keine Ahnung, ob ich das, was ich heute gut finde, morgen auch noch gut finden werde. Ich tu´s trotzdem!“ Und so ganz unsympathisch ist uns dieser Ausspruch ja auch nicht wirklich, bedenkt man, wie oft er zitiert wird.
Also: Scheren Sie sich nicht allzu sehr über das, was Sie mal gut fanden, nutzen Sie die Zeit, fühlen Sie in sich rein und handeln Sie genau nach dem, was Sie dort vorfinden. Und wenn die Welt morgen anders aussieht, dann fühlen und handeln Sie eben anders. Die Natur gibt Ihnen und uns zumindest die Möglichkeiten dazu, denn irgendeinen Grund muss es ja haben, dass wir am Ende zwar lahm und langsam werden aber dafür klug und weise.
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