Rede im Römer zum CSD 2020
Liebe Sylvia Weber, vielen Dank für die erneute Einladung.
Zunächst in paar Worte zur Organisation: Vielen Dank, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Bevor wir beginnen, bittet die Demoleitung kurz um eure Aufmerksamkeit. Um eine sichere und reibungslose Demonstration zu gewährleisten bitten wir folgende Punkte zu beachten. Bitte tragt während der gesamten Kundgebung und Demonstration einen Mund-/Nasenschutz und haltet euch an die Abstandsregelung, 1,5 Meter. Die Kundgebung endet mit dem Hissen der Regenbogenfahne. Danach bitten wir alle Demoteilnehmer, sich zügig zu ihren Fahrzeugen zu begeben. Alle anderen bitten wir, sich aufzulösen. Bitte reiht euch nicht in den Demonstrationszug ein. Wir danken für euer Verständnis und bitten um Unterstützung.
Liebe alle, die den Weg hierher geschafft haben. Es ist uns nicht leichtgefallen, den CSD für dieses Jahr anders zu gestalten, aber wir glauben, einen Weg gefunden zu haben, das zu tun, wofür der CSD immer stand und stehen wird. Es geht um Sichtbarkeit.
Wir sind Menschen, wie jeder andere Mensch auch, mit einer Sexualität und einer geschlechtlichen Einordnung oder auch nicht.
Kurzum: man sieht es uns nicht an und je mehr wir in der Mitte ankommen, umso unsichtbarer im besten Sinne werden wir. Doch leider gilt das auch dann, wenn uns Unrecht widerfährt, wir daran gehindert werden, so zu leben wir es wollen.
Umso wichtiger sind die Pride-Veranstaltungen, ist ein CSD, der hunderttausende Menschen zusammenbringt, sie zusammen lachen und feiern, diskutieren und trauern lässt.
Einmal im Jahr treffen wir Menschen, die wir sonst nicht treffen. Einmal im Jahr haben Menschen die Möglichkeit, in einer Menge zu baden, die es als völlig normal empfindet, queer zu sein. Und diesen Wert des CSD darf man nicht unterschätzen. Austausch, Vernetzung, Coming-out, so zu sein, wie man ist. Das sind Grundbedürfnisse und keine nice-to-haves.
Nun kann in diesem Jahr niemand etwas dafür, dass es so nicht sein kann und wir haben versucht, das Beste daraus zu machen. Unsere Forderungen aber werden deshalb nicht weniger und unsere Arbeit an einer vielfältigen Gesellschaft hat deshalb nicht aufgehört. Wir vom CSD haben mit VertreterInnen der Stadt gesprochen und haben von unserem Oberbürgermeister die Versicherung bekommen, auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Stadtpolitik zu spielen. Und Sylvia Weber setzt dieses Statement im Übrigen auch kontinuierlich in Taten um, derer wir uns auch sicher sein können. Und das ist nicht selbstverständlich. Corona mag uns leiser gemacht haben, aber nicht weniger präsent.
Aber noch etwas fehlt in diesem Jahr in der Stadtmitte. Die Begegnung mit denen, die nicht queer sind, denen unsere Forderungen egal sein könnten, die uns aber unterstützen, die eine vielfältige und offene Gesellschaft wollen und die wissen, dass es hier nicht nur um lesbisch, trans oder schwul, um bi oder inter geht, sondern darum, sein Leben so leben zu können, wie man es will. Mit der Sexualität, dem oder den Menschen und der Identität, die man bevorzugt.
Ich bin der Überzeugung, dass eine breite kulturelle Mittelschicht unsere Lebensformen als gleichberechtigt betrachten. Manchmal fehlt es vielleicht einfach an der direkten Begegnung. Die schaffen wir und deshalb ist seit der Gründung des CSD Vereins unser Motto: Grenzen überwinden und Brücken schlagen.
Und das ist es, was wir immer wieder tun sollten. Brücken bauen zu denen, die sich vielleicht nicht sicher sind, die uns unterstützen wollen, denen es ähnlich geht. Sich nicht zu sehr auf die konzentrieren, die gar kein Interesse haben über irgendwelche Brücken zu gehen, sondern eine graue von Missgunst und Hass geprägte Gesellschaft wollen. Lasst uns auf die konzentrieren, die wie wir, eine bunte, vielfältige und friedliche Gesellschaft wollen.
Dafür steht der CSD auf der Konstablerwache eben auch. Wir feiern mit allen, die uns wohlgesinnt sind, denn wer mal miteinander gefeiert hat, der diskriminiert sich später einfach auch nicht mehr. Lasst uns diese Strategie ausbauen, Verbündete finden und vor allem: Seid selbst auch nachsichtig, seid tolerant, auch untereinander.
Wir stehen nicht in einem Wettbewerb, wer die wichtigsten Forderungen hat. Wir haben erreicht, dass Gesetze gemacht wurden, die Diskriminierung bestrafen und Vielfalt fördern. Aber Gesetze sind nur der erste Schritt. Sie müssen auch den Weg in die Gesellschaft finden, für die sie gemacht sind. Und das geht nicht per Gesetz, das geht nur in der persönlichen Annäherung, im Kennenlernen und auch im Respektieren anderer Meinungen, ohne gleich mit Shitstorms zu drohen.
Und vor allem geht es am besten gemeinsam!
Danke das ihr da seid
Happy Pride!
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