Das Hotline-Paradoxon
Natürlich heißen diese Firewalls nicht so. Statt dessen kleidet man sie in so schickliche Namen wie „Service-Center“, „Hotline“ oder „Kontaktformular“.
Die ersten beiden beginnen meistens mit einer auf elektronischen Medien gesprochenen menschlichen Stimme, die uns bittet, das Problem doch etwas genauer zu erklären. Zur Auswahl mögen wir dann „Ja!“ in den Telefonhörer sprechen oder, wahlweise, eine Taste drücken (bitte beenden Sie Ihre Eingabe mit Raute (#)!)
Für die Unentschlossenen gibt es noch die Auswahl „4#“ und, schwupps, werden wir gleich zum nächsten freien Mitarbeiter verbunden. Die folgenden 20 Minuten werden wir von den auf einem Synthesizer nachgestellten Wiener Symphonikern betreut, die uns eine euphorisierende Musik vorspielen, nur manchmal unterbrochen von den sanften Worten einer freundlichen Frauen- oder väterlichen Männerstimme, die uns glauben machen mag, dass wir gleich (!) an unserem Ziel sein werden.
Nach ungefähr 10 Minuten hören wir vor dem üblichen Satz – der mit dem „gleich“ – bereits das „leider“ („sind immer noch alle Plätze belegt“) mit dem Hinweis auf das „Kontaktformular auf unserer Webseite“, das gerne mal mit „Onlineservice“ oder so betitelt wird.
Endlich am Ziel angekommen erklären wir unser Problem. Das geht manchmal gut, man hilft uns und wir können befriedigt auflegen. Manchmal aber, vor allem dann, wenn unser Problem schon seit einiger Zeit besteht, hören wir dann Sätze wie „Ich gebs weiter“.
Das, liebe Kunden, bedeutet soviel wie:
„ich bin ganz Ihrer Meinung, mich nervt es auch und ich kann nicht verstehen, dass unsere Firma so einen Quatsch machen kann aber ich habe keinen Menschen im Unternehmen, der sich für dieses Problem interessiert und – sind wir mal ehrlich – dieses Problem wird sich auch nie lösen lassen, weil unsere Firma das gar nicht als Problem sieht!“
Liebe Unternehmen
Wenn Ihr schon kein großes Interesse daran habt, Euren Kunden zuzuhören oder Euch der Probleme, sobald sie bedeuten würden, dass auch ihr euch etwas bewegen müsstet, anzunehmen, dann sagt es doch einfach. Über kurz oder lang springen die Kunden euch eh ab. Also sagt doch bitte einfach „Das ist nicht vorgesehen und es wird sich auch nicht ändern“, statt dieses hoffnungsvolle „ich gebs weiter“ rauszuschmettern, dass eben nur für kurze Zeit suggerieren mag, dass sich jemand tatsächlich des Problemes annimmt, bis nämlich der geneigte Kunde merkt, dass sich eben niemand je seines Problems annehmen wird.
Oder, naja, ich will nicht allzu visionär werden, hört euch die Wünsche und Sorgen eurer Kunden doch einfach mal an. Fahrt die Firewall mal runter, vielleicht an nur einem Tag in der Woche, sowas wie ein Leasure-Day für Kunden.
Hmmm… ?
Wär das mal was…?
Hallo…!?
Hallooooooo?!
Nachtrag: Natürlich nutzt ein Knigge ja nix, wenn daraus auch nicht eine vermeintlich bessere Verhaltensweise erfolgt:
Also lasset uns zukünftig ehrlich sein. Der Kunde kann es vertragen zu hören, dass das Unternehmen sich nicht für ihn interessiert. Ein „Tut mir leid, ich kann es nicht ändern und es sieht auch nicht so aus, als ob sich das in der nächsten Zeit ändern würde“, macht dem Kunden klar, dass wir ihn mögen und er es mit einem von vielen Unternehmen zu tun hat, die in ihrer Starrheit zu ersticken drohen. Er kann sich überlegen, ob er damit leben will oder eben nicht.
Ähnlich ehrlich können wir auch in unserem Umfeld sein und klar statuieren, wenn wir etwas ändern könnten, es aber nicht tun, weil wir es nicht wollen. Da gilt: Freundschaft ist kein Quantitäts- sondern ein Qualitätsmerkmal, auch wenn Facebook das anders vermeldet und: Manchmal passts eben einfach nicht mehr – Friends they come and friends, they go!
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