Der Kunde ist tot, lang lebe der Kunde!
Der Kunde ist tot, lang lebe der Kunde!
Keine Verkaufsschulung vergeht, kein Mitarbeiter-Chef-Gespräch, kein Side-by-Side-Coaching, keine Kundenschulung, Kommunikations-oder Motivationsveranstaltung, in dem/der nicht statuiert wird, dass der Kunde (und natürlich auch die Kundin, die wohl erst recht) König (und natürlich Königin) sei. Er und sie bezahlen unser Geld, ohne sie könnten wir den Laden dicht machen … und spätestens jetzt befindet sich die geneigte Zuhörerschaft in einer Trance, weil sie weiß, dass das alles freilich ausgemachter Unsinn ist.
Um es mal deutlich zu sagen: Queen Elisabeth ist König(in) oder Willem Alexander ist König, aber der Kunde ist es nicht, denn er regiert hier nicht alleine (was Elisabeth und Willem ja auch nicht mehr wirklich tun) und er darf auch nicht über mich verfügen. All das darf ein König nämlich. Der Kunde – ja, lieber Kunde, hör genau hin – der darf das nicht. Der Kunde ist schlicht und einfach Kunde. So einfach ist das. Und jeder Kunde (und auch Kundin), der sich anmaßt, mich als Untergebenen zu betrachten, der darf gerne in sein imaginäres Schlösschen oder seine Festung zurück und zukünftig ohne mein Produkt leben.
No Kunde – no Cry!
Denn das ist es mir zumindest Wert, wenn ich dafür von Kunden verschont bleibe, die sich für Könige halten und sich auch genau so benehmen, wie es Menschen tun, die glauben, Könige zu sein, es aber nicht sind. Die nämlich sind im Gegensatz zu Queen Elisabeth und Willem Alexander alles andere als königlich – weder in ihrem Verhalten noch im Rest ihres kurzen Auftretens an Hotlines, Schaltern oder sonstigen Schnittstellen, des Kunden-Händler-Dienstleister-Universums.
Auf der anderen Seite wiederum stehen ja heute auch nicht mehr die, die es tatsächlich in der Hand hätten, den Kunden als Kunden zu behandeln, nämlich freundlich, zuvorkommend und Hilfsbereit. Nein, diejenigen – nennen wir sie mal VerkäuferInnen – haben heutzutage auch ein recht geringes Spektrum an Handlungsmöglichkeiten, was die Erhaltung der Kundenzufriedenheit angeht. Zumeist dürfen sie sich in Stereotypen ergießen, die ihnen vom denen auferlegt wurden, die selbst einem guten Kundengespräch keine drei Sekunden standhalten und nach spätestens zwei Sekunden grandios gegen ihre eigenen Kundenzufriedenheitsverhaltens- und Sprachregelungen verstoßen würden.
Im Westen nichts Neues
Der Verkäufer und die Dienstleisterin sind nämlich auch schon lange nicht mehr König in diesem marktwirtschaftlich und effizienzgesteuerten Kaufuniversum. Sie müssen sich mit ebenso frustrierten Kunden das teilen, was an zu verteilenden Gütern wie Geld, Respekt und Aufmerksamkeit übrig bleibt, nachdem diejenigen, die die Regeln bestimmen, ihren Anteil abgeschöpft haben, während sie aus den oberen Etagen beschwingt zuschauen und nur dann eingreifen, wenn es an deren Gewinn geht.
Es ist so ein bisschen wie Krieg: An der Front kämpfen die zwei Kontrahenten, während die Profiteure hinter den Linien stehen und uns motivierend zurufen, dass der Kunde König sei und schließlich unser (also ihr) Geld bezahle, dass wir abends nach Hause bringen.
Der ewige Circus
Ach À propos: Nach ihrem Feierabend werden dann die Verkäuferin und der Dienstleister selbst ins Kunden-Verkäufer-Rennen geschickt, in dem sie ihr hart Erwirtschaftetes dann gleich wieder als Kunden an der Unternehmenstheke abgeben dürfen, hinter der im Zweitjob dann der Kunde vom Morgen steht.
Nein, der König der steht weder vor noch hinter der Theke, aber solange beide Seiten das glauben und sich ihre Zeit in diesem täglichen Kampf gegeneinander vertreiben, merken sie das und so vieles andere nicht. Und so soll es ja auch sein, in einer guten Monarchie.
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