Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Feindbilder sind gut, weil Feindbilder funktionieren. Sie haben die Eigenschaft, dass sie nicht überprüft werden, weil sie, gut vorgetragen, so plausibel sind. Und weil sie so plausibel sind, funktionieren sie auch in der Verallgemeinerung.

Damit sich die Verallgemeinerung nicht ganz so verallgemeinernd anhört, sagen wir gerne, dass ja nicht alle so sind, man selbst auch andere kenne, die sich „ordentlich“ verhielten. Den Sender beruhigt das, lässt ihn oder sie aus seiner oder ihrer Sicht nicht ganz so schlecht aussehen. Der hellhörige Empfänger aber weiß, dass es damit nur noch schlimmer wird. Feindbilder lenken zudem vom eigenen Versagen ab.

Der schwarze Mann funktioniert also immer noch, farblich durchaus auch mal anders nuanciert aber im großen und ganzen im Dunkeln gelassen, so dass man sich kein konkretes Bild von ihm machen kann. Er verschleppt unsere Frauen, missbraucht unsere Kinder, nimmt uns die Arbeitsplätze weg, fährt unsere Autobahnen ab und schmarotzt sich durch unser Sozialsystem.

Zuständig für derartige Populismen, die wir nach dem Desaster des zweiten Weltkrieges und des dritten Reich eigentlich nicht mehr hören wollten, fühlt sich seit einiger Zeit der ein oder andere Politiker der ein oder anderen christlichen Partei und sein Gefolge, das ihn zur absoluten Mehrheit hochgewählt hat.

Und warum all das? Der scheinbare Vorteil einer Denunzierung liegt ja immer in der automatischen  Erhöhung der Denunzianten – und wer fühlt sich nicht gerne hoch und groß? Die beste Wirtschaft. Der beste Fußball. Die besten Steuerhinterzieher. Der letzte Kaiser. Da stören schwarze Männer eben nur. Frauen freilich auch.

Aber es steckt noch etwas anderes dahinter, neben dieser Freude am Denunzieren, die wir Deutschen wohl nie so ganz aufgegeben haben. Angst, und die Angst ist es, die uns so gefährlich macht, die uns nicht mehr nachdenken lässt, darüber, ob das alles so richtig ist. Stattdessen hauen wir drauf und schotten uns ab. Lieber der als wir. Das hart erarbeitet, die Vormachtstellung bloß nicht gefährden.

Ja hinter dieser weißen Fassade des Musterschülers, des Vorzeigemenschens, des Bewahrers der Traditionen, des Gottesfürchtigen, da steckt etwas zutiefst gefährliches und scheinbar nicht auszurottendes. Etwas schwarzes.

Und ja, es scheint mehr denn je berechtigt zu sein, die Frage nach der Angst und dem schwarzen Mann zu stellen, vor allem, wenn er aus den eigenen Reihen kommt und uns Angst vor dem schwarzen Mann einreden will.

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